Kontinuität und Stabilität: Allein das Kindeswohl ist bei Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu berücksichtigen

Lassen sich Eltern scheiden und können sich diese nicht über das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Kinder verständigen, muss ein Gericht entscheiden. Bei der Entscheidungsfindung hat das Kindeswohl für das Gericht als Entscheidungskriterium oberste Priorität – so auch für das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

Die Eltern eines vierjährigen Jungen stritten sich um dessen Aufenthaltsbestimmungsrecht. Das Kind lebte bei der in Vollzeit arbeitenden Mutter und deren Großeltern und wurde zu Hause betreut. Der Kindesvater lebte mit seiner Schwester in einer anderen Stadt, in der auch seine Mutter sowie seine aktuelle Lebensgefährtin wohnten. Als die Mutter nun ebenso einen neuen Lebensgefährten kennenlernte, wollte sie mit dem Sohn zu diesem in eine fremde Stadt ziehen. Der Vater stellte daraufhin gerichtlich einen Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn. Der Sohn sei bei ihm „zu Hause“ und habe eine starke Bindung zum Vater. Die Kindesmutter beantragte ihrerseits die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich.

Die Kindesmutter verlor sowohl vor dem Amtsgericht als auch mit ihrer Beschwerde vor dem OLG. Entschieden wurde nach Anhörung der Eltern, des Kindes, der Stellungnahmen von Verfahrensbeiständin und des Jugendamts – und zwar auf Basis der dem Wohl des Kindes am besten entsprechenden Entscheidung (§ 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Ausschlaggebend waren Erwägungen der Kontinuität und Stabilität der kindlichen Lebensbedingungen. Nur bei einem Verbleib beim Vater – in dessen vertrauten Haushalt mit vertrauten Bezugspersonen – könne beides gewährleistet werden. Die Mutter war bislang zwar Hauptbezugsperson, aber mit dem Umzug wäre das Kind in eine neue Umgebung gezogen und hätte ihm wichtige Bezugspersonen verloren.

Hinweis: Soll eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erreicht werden, muss sorgfältig dargelegt werden, warum der Antrag dem Kindeswohl entspricht. Wie für Kontinuität für das Kind gesorgt wird und wie für dessen optimale Förderung, muss vorher gut abgewogen werden.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 01.08.2024 – 6 UF 117/24zum Thema: Familienrecht