Nicht ohne die Eltern: Mit 15 Jahren schon selbständig erwerbstätig

Der Jugend soll die Zukunft gehören. Doch was passiert, wenn ein Minderjähriger erfolgversprechende Geschäftsideen und entsprechende Skills vorweist, ohne aber das notwendige Basiswissen der Geschäftswelt nachweisen zu können, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Alles drehte sich hier um einen Jungen, der für ein Online-Computerspiel Level programmierte. Er wurde in Coins bezahlt, die er in echtes Geld umtauschen konnte. Schon als 14-Jähriger hatte er so bereits 20.000 EUR netto im Jahr verdient. Das erforderliche PayPal-Konto lief über seine Eltern. Nun beantragten der mittlerweile 15-Jährige und seine Eltern die familiengerichtliche Genehmigung zum Betreiben eines selbständigen Erwerbsgeschäfts nach § 112 Bürgerliches Gesetzbuch. Der Klassenlehrer hatte bestätigt, dass die Erwerbstätigkeit des Betroffenen derzeit nicht seine schulischen Leistungen beeinträchtige. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) schätzte die vorliegenden Unterlagen zudem als plausibel ein, die Aufnahme des Erwerbsgeschäfts werde positiv beurteilt.

Dennoch erteilten das Familiengericht und das OLG die Genehmigung nicht. Es verblieb daher dabei, dass die Eltern die rechtliche Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit des betroffenen Minderjährigen tragen. Es genügte nämlich nicht, dass der Junge gut programmieren konnte – ihm fehlten die für das Betreiben eines Gewerbes erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse. Mit rechtlichen, steuerrechtlichen und buchhalterischen Fragen hatte sich der Minderjährige jedenfalls bisher überhaupt nicht beschäftigt und dies vielmehr seinen Eltern überlassen. Er hatte sich nicht einmal damit befasst, wie er mit dem Problem umgehen wollte, dass die PayPal-Nutzungsbedingungen die Volljährigkeit verlangen.

Hinweis: Wer ausnahmsweise schon als Minderjähriger wie ein Volljähriger am Geschäftsleben teilnehmen möchte, muss sich nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch im Rechts- und Erwerbsleben wesentlich wie ein Volljähriger bewegen können. Eine solche besondere Reife kann sich aus der Teilnahme an einem entsprechenden Kurs der IHK, durch praktische Arbeit oder durch Praktika in einem Unternehmen ergeben. Die restriktive Haltung der Familiengerichte dient dem Schutz der Minderjährigen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.08.2022 – 5 WF 72/22zum Thema: Familienrecht